Weltfrauentag

Rechte der Frauen sind Freiheitsrechte

Sozialer Ausgleich und Respekt für ein menschenwürdiges Leben

Der 8. März - Weltfrauentag - könnte eigentlich ein Tag der Freude sein, ein Tag an dem wir unserem Glück Ausdruck verleihen dürfen, dass wir ohne Frauen nicht existieren würden, ein Tag wo Frauen gegenüber noch einmal besondere Wertschätzung widerfahren sollte. An diesem Tag werden bspw. in Russland traditionell den Frauen Blumen geschenkt. Stattdessen macht der heutige Gedenktag noch verstärkt darauf aufmerksam, dass Ungleichheit und Ungerechtigkeit weiterhin bestehen. Es ist aber auch ein Tag,  an dem deutlich werden sollte, dass nur sozialer Ausgleich und Respekt ein menschenwürdiges Leben möglich machen kann.

Damen-Kult. Heinz Zolper
Heinz Zolper, Damen-Kult. Bundesbild V

Angst vor der Stärke der Schwachen

Der 8. März bringt uns als Welttag der Frau schmerzlich in Erinnerung, dass aus Bosheit, Gier und Dummheit geboren permanent Unterdrückungsversuche stattfinden.  Individuell nicht veränderbare soziale Faktoren wie Geschlecht, Ethnie, Alter, sexuelle Präferenzen oder Behinderungen fallen dabei stärker ins Gewicht, als solche, welche prinzipiell beeinflussbar sind (Schulbildung, Einkommenshöhe, soziales Verhalten), und deshalb tendenziell eher toleriert werden.

(c) Jana Dettmer, Orange the World, Öl auf Lwd.
(c) Jana Dettmer, Orange the World, Öl auf Lwd.

Gerade Frauen, der unteilbaren Hälfte der Menschheit, werden in nahezu allen Gesellschaften gleiche Rechte weiterhin abgesprochen oder eingeschränkt. Dabei sind beide Geschlechter Teil eines unteilbaren Ganzes -  mit ähnlichen Fehlern und Vorzügen. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, dass auch quer durch alle sozialen Schichten die Missachtung der Menschenwürde zu erkennen ist -  in vielen Bereichen auf kaum wahrnehmbare Weise bis hin zur brutalsten Unterdrückung. Es gilt die Macht des scheinbar Stärkeren. Die Frau steht traditionell als "Sünderin", als Verführerin, vor der man den Mann schützen muss. Das geschieht auf unterschiedliche Weise: durch Ausgrenzung aus einzelnen Lebens- und Wirtschaftsbereichen und/oder Verhängung des Körpers und damit zur Degradierung als amorphe Figur. Aber was ist dan der Mann?  Ist er automatisch der "Teufel" oder doch nur schlimmster Polemik das Opfer?  Diese Vorstellungen an sich sind erschreckend. Sie bedeuten jedoch nicht automatisch ein Vergehen von Männern an Frauen, sondern grundsätzlich von Menschen an anderen Menschen, deren Schwächen man ausnutzt und missbraucht. Tatsache ist auch, dass diese Vorstellung aus einer diffusen Angst geboren wird, nicht noch der letzte Verlierer in einem System zu sein.

Eintritt für die Rechte der Frauen ist Eintritt für Freiheitsrechte

Dem entgegenzutreten ist deshalb jederzeit und an jedem Ort unser aller Pflicht. Menschenrechte und Menschenwürde sind keine persönlichen Affinitäten. Ihre Missachtung ist Barbarei. Für Menschen unserer Zeit, mit noch nie dagewesenen Informationsmöglichkeiten, darf deshalb keine Ausrede gelten. Das geschlechtsspezifische Verhalten in unterschiedlichen Formen des Weiblichen und Männlichen erscheint den Menschen als natürlich, da es zutiefst unbewusst ist.

Leon Fontana, Each one is different
(c) Leon Fontana, Each one is different

Besonders tief verinnerlicht wird das geschlechtsspezifische Verhalten. Männlichkeit – Weiblichkeit bilden in der abendländischen Denktradition eine wesentliche Polarität, eine Grundschablone des Welt- und Selbstverständnisses. Nicht von ungefähr schließt sich sich dieses Denken an anderen Polaritäten an, wie Kultur – Natur, Denken – Fühlen, Geist – Materie. Die Welt aus diesem Blickwinkel zu betrachten führt dann auch leicht zu weiteren hausgemachten Polaritäten wie Arier – Jude, Europäer – Wilde, Gesunde – Degenerierte. Für die Polarität männlich-weiblich bedeutet dies, dass Charakterdefinitionen einzelner Persönlichkeiten nunmehr nach Gusto dem gesamten weiblichen wie männlichen Geschlecht zugeschrieben wurden. Diese Denkweisen wurden denn auch systematisch manipulativ erzieherisch eingesetzt, mit der Folge, dass wir uns weltweit immer noch in der Zwangsjacke menschenunwürdiger Denkverbote und Verhaltenspathologien befinden.

(c) Ostrale Biennale I Anya Janssen, People Say I’m Different 4
(c) Ostrale Biennale I Anya Janssen, People Say I’m Different 4

Sollte es nicht stattdessen eine der vornehmsten Pflichten eines demokratischen aufgeklärten Staates sein, Verstößen gegen die Menschenwürde nachzugehen und diese mit allen Mitteln zu ahnden? Sollte es entsprechend nicht zum Pflichtprogramm von Schulen und Universitäten gehören, Kinder und Jugendliche zu schützen, zu informieren und Ausgrenzungen entgegenzutreten? An dieser Eintrittspflicht mangelt es jedoch nach wie vor in der Praxis.  Rechte für Frauen sind nicht isoliert zu betrachten, sondern ihr Schutz muss sich in den Schutz für Kinder, für Kranke und Schwache jeder Couleur eingliedern. Denn Menschenrechte und Menschenwürde sind unteilbar.

Es ist nie zu spät für eine Beendigung von Diskriminierung

Schaut man sich die Situation der Frauen in ihrer Doppelbelastung zwischen Familie und Beruf an, so entdeckt man immer noch diesen Teil der Menschheit eingekeilt zwischen einer Männerwelt, die nicht aufgrund von fachlichen Qualitäten allein dominieren möchte, sondern als Träger eines „vorstehenden Geschlechts“. Das Verhalten, das Frauen, unabhängig von Ausbildung und beruflicher Stellung, tagtäglich erfahren müssen von Seiten der Männerwelt - und gerade auch von Frauen, die sich aus Unvernunft oder aus Opportunismus auf die Seite der mächtigeren Männer stellen - ist nach wie vor bemerkenswert bis irritierend und sogar abgrundtief hasserfüllt. Die Rolle, die Männer nach einer Ewigkeit des Matriarchats, übernommen haben, diese Rolle und Übergrifflichkeiten wollen viele nicht oder nur sehr ungern ablegen. Das Primatenverhalten von Männern, insbesondere solchen, die sich als Alpha-Männchen gerieren, ohne die notwendigen Fähigkeiten überhaupt zu besitzen, verhindert zwar nicht mehr generell den Weg zur Gleichberechtigung, die für jeden logisch denkenden Menschen nicht diskutierbar ist, aber sie behindert sie unsäglich.

Monika von Eschenbach, Zora 2 | Zora 3
(c)Monika von Eschenbach, Zora 2 | Zora 3

Der Blick auf Frauen und Ihre Chancen macht nur allzu deutlich, dass sie bei gleichen Voraussetzungen Männer sogar überholen können. Frauen machen heute häufig bessere und schnellere Abschlüsse als ihre männlichen Kommilitonen sogar in den Ingenieur- und Naturwissenschaften. Einer Studie aus Großbritannien zufolge tragen z.B. von Frauen operierte Patienten ein geringeres Risiko. Frauen sind z.B. auch im Finanzsektor oft die erfolgreicheren Anleger. Frauen leben wesentlich länger als Männer, möglicherweise, weil sie  ausgeglichener und damit weniger stark depressionsgefährdet sind als ihre männlichen Geschlechtsgenossen. Dies sollte eigentlich hoffnungsfroh stimmen und Anreiz sein, denn von Frauen zu lernen nützt der ganzen Gesellschaft.

Keine Toleranz bei körperlicher, psychischer und wirtschaftlicher Gewalt

Kristine Bento Monteiro, digital mixed media on canvas
Krisstine Bento Monteiro, digital mixed media on canvas

 

Eine nahezu alle Frauen betreffende Situationen sind die Aggressionen, die Ihnen alltäglich widerfahren können, innerhalb ihrer Familien, wenn sie allein unterwegs sind - und erst recht  am Abend oder in der Nacht. Allein die tagtägliche Angst, die Frauen wie Kinder erleben müssen, ist bereits auf den ersten Blick monströs. Dies zeigt noch einmal das Verhältnis der Geschlechter untereinander und das Verhalten Frauen und Kindern gegenüber während der Pandemiezeit sehr anschaulich. Um wieviel schlimmer ist das Elend durch Krieg. Man kann es drehen und wenden, wie man möchte, es sind Männer - und sie unterstützende Frauen - die für dieses Desaster zuständig sind. Und hierzu gehört auch das Auseinanderreissen von Familien, von Paaren in der Not eines Krieges. Irgendetwas scheint in der Erziehung der Menschen komplett aus dem Ruder zu laufen, wenn man bedenkt, dass in den meisten Fällen auch die Männer ja von Müttern erzogen werden und diesen Müttern auch für den erwachseneren Mann eine hohe Kernkompetenz zugestanden wird. Wie kann  es dann nur zur Respektlosigkleit gegenüber Frauen oder allgemein gegenüber den  vermeintlich Schwächsten kommen? Liegt es vielleicht darin, dass Mütter in ihre Söhne eigene Vorstellungen vom Anführer und Gewinner - der ihnen unterstellt ist - projezieren? Was wäre wenn Mütter, Ehefrauen, Freundinnen und Schwestern Männer davon abhalten würden in den Krieg zu ziehen? Dann wäre Krieg nicht mehr möglich, Konflikte jedoch blieben. Diese zu lösen, beansprucht aber stumpfes Gewaltpotential, sondern Empathie und Intelligenz von allen Menschen. Kriege und Unterdrückung entstehen aus Gier unter Ausnutzung der Dummheit vieler.

Das Verhältnis von Mann und Frau muss Thema der Erziehung werden

(c) Corinna Zieleke, Nightmare, Acryl Mischtechnik
(c) Corinna Zieleke, Nightmare, Acryl Mischtechnik

Da gibt es aber auch noch die Schule und sonstigen Ausbildungsstätten, wo eigentlich nach erprobten pädagogischen Konzepten junge Menschen aufs Leben vorbereitet werden sollen.  Die Wirklichkeit ist leider nur allzuoft anders: Harter Wettbewerb verdrängt soziales Miteinander; Mobbing ist an der Tagesordnung, wobei nicht der Mobber, sondern der Gemobbte die Konsequenzen trägt. Man wird vorbereitet einer Wirtschaft nützlich zu sein, lernt bestenfalls, wie man Maschinen und Softwareprogramme erfinden kann. Leistungen den Mitmenschen gegenüber und Förderung der emotionalen Intelligenz sind aber nicht Teil der Lehre. Was aber haben wir erreicht, wenn nicht ein gesellschaftliches Miteinander die Grundlage unseres Lebens bildet?

Es geht um Respekt und Menschenwürde

Die Rechte von Frauen? Sie sind die Rechte der Männer - sie sind die Rechte der Kinder - sie sind die Rechte aller Menschen - sie sind die Rechte der Natur. Menschenrechte sind nicht teilbar, d.h. jeder Mensch hat einen Anspruch auf die gleichen Rechte - unabhängig von Hautfarbe, Herkunft, sozialem Status, Geschlecht oder anderen Eigenschaften. Rechte bleiben aber Makulatur, selbst wenn sie in neue Gesetze gegossen werden, wenn nicht Empathie mit Intelligenz gepaart wird, wenn Rechte nur schwer durchzusetzen und nur allzu oft in das Belieben von Bürokraten und das persönliche Ermessen von Richtern gestellt sind. Welche Frau hat schon die Privilegien, wie Frauen im deutschen Bundestag?  Und dennoch scheinen auch sie für etliche Männer Freiwild zu sein, offensichtlich Wesen zweiter Klasse.

Heinz Zolper, Dame als Symbol. Multiple I Schmuckanstecker. ArtForum Editions
(c) Heinz Zolper, Dame als Symbol. Multiple I Schmuckanstecker*. ArtForum Editions

Hier scheint wirklich der Kernpunkt des Problems zu liegen: Das tatsächlich real existierende asoziale Mehrklassensystem - getragen von der Respektlosigkeit dem Anderen gegenüber. Letztlich geht es nicht um Mann oder Frau, Kind oder Erwachsener, sondern um den Anderen als schwächer Wahrgenommenen. In ihrer Bedeutung müssen diese Begriffe deshalb endlich aufhören gesellschaftliche Polaritäten zu sein. Verachtung und der Wunsch nach totaler Unterwerfung, meist miteinander gepaart, sind die Eigenschaften, die das schönste Leben unerträglich werden lassen. Systeme, die den anderen Menschen und die Natur aber nicht achten und respektieren, führen folgerichtig zu Missachtung und Unterdrückung. Wollen wir dies verhindern, müssen wir aufhören in Geschlechtern, Klassen, Rassen und Kategorien zu denken, sondern  anerkennen, dass alles mit allem verbunden ist und wir uns nur im Miteinander vollenden können. Dies aber geht nicht ohne Empathie, ohne Liebe und ohne die nötige Intelligenz das Leben zu gestalten.

Peter Merten/ S-Ae

* Der Künstler Heinz Zolper hat eine Ansteckbrosche entworfen (Emaille auf Eisen, handgefertigt, signiert), die nicht nur gut aussieht und schmückt, sondern mit der man(n) auch öffentlich Position beziehen kann für die Rechte der Frauen, gegen Intoleranz und für Menschenwürde. Gerade in der Zeit des aktuellen Krieges wird es auch ein wichtiges Zeichen für Frieden und Gesprächsbereitschaft. Der Erlös wird für soziokulturelle Zwecke verwendet.

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